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PressemeldungVeröffentlicht: 14. April 2020

Applaus für Heldinnen

Die systemrelevanten Berufe der Corona-Krise sind weiblich

In der öffentlichen Debatte in Zeiten von Corona erfahren die sogenannten „systemrelevanten“ Berufe eine selten gekannte Aufmerksamkeit. Dass es vor allem Frauen sind, die die Hauptlast der Krise tragen, bleibt dabei oft unberücksichtigt. Zwei Institutionen, die bereits viele Jahre im Bereich der Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt kooperieren, äußern sich jetzt gemeinsam dazu. Die Gleichstellungsbeauftragte des UKSH und das Frauennetzwerk zur Arbeitssituation e.V. fordern, im aktuellen Diskurs zu jenen Berufen, die sich in der derzeitigen Krisenbewältigung als zentral und elementar für die Versorgung der Bevölkerung erweisen, auch den Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit unbedingt zu berücksichtigen.

Warum weiblich?

Jene Berufe, die in der augenblicklichen Krise „das Land am Laufen halten“, werden mehrheitlich von Frauen ausgeübt: Laut Bundesagentur für Arbeit liegt der Frauenanteil der Erwerbstätigen in Deutschland im Einzelhandel mit Lebensmitteln bei 73%, in deutschen Krankenhäusern bei 76% und in der Kinderbetreuung bei 92%. Neben der geringen gesellschaftlichen und finanziellen Anerkennung, die oftmals mit diesen Arbeiten einhergehen, sind Arbeitende „an der Frontlinie“ aktuell auch besonderen gesundheitlichen Risiken und körperlichen Belastungen ausgesetzt. Der hohe Frauenanteil in diesen Berufen trägt auch zum geschlechterspezifischen Einkommensgefälle bei, demzufolge Frauen im Schnitt 21% weniger verdienen als Männer. Hinzu kommt der „Gender-Care-Gap“, durch den Frauen momentan doppelt belastet sind: Frauen verrichten auch den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit, wie etwa die Betreuung von Kindern oder älteren Angehörigen.

Aktuelle, spontane Wertschätzung – was kommt danach?

Der Applaus für die Kräfte, die unsere Versorgung in Krisenzeiten sichern, ist ein schönes (und überfälliges!) Signal der Wertschätzung und gesellschaftlichen Anerkennung, dabei allein darf es jedoch nicht bleiben. Gleiches gilt für die Zahlung von Corona-Boni für Pflegekräfte und Kassierer*innen – sie sind verdient, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es langfristiger Veränderungen bedarf, damit die gesellschaftliche Aufwertung nach der Krise nicht verpufft. Marion Joppien untermauert dies mit einem Beispiel aus ihrer Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte des größten Arbeitgebers in Schleswig-Holstein, dem UKSH und führt aus: „Gerade in der Krise zeigt sich, worauf es jetzt ankommt. Die Kolleg*innen auf den Stationen setzten sich mit viel Herz ein, um bis an ihre Grenzen medizinische und pflegerische Versorgung auf hohem Niveau zu garantieren. Viele haben Arbeitszeit erhöht oder unterbrechen sogar ihre Elternzeit. Alle ziehen an einem Strang, Verwaltungsfachkräfte arbeiten zu ungewohnten Zeiten, Erzieher*innen unser KITA betreuen die Kleinen selbstverständlich weiter. Auch dürfen jene nicht vergessen werden, die in den weniger sichtbaren Servicebereichen wie Logistik, Reinigung und Verpflegung tätig sind und damit unverzichtbare Arbeit leisten. Sie alle haben den Pflegebonus verdient, ohne sie läuft in einem Krankenhaus gar nichts! Ich freue mich über den abendlichen Applaus. Die Gesellschaft will kein Gesundheitswesen, in dem lohngedumpt und outgesourct wird, damit Einzelne ihren Profit maximieren. Wenn wir die Arbeitswelt jetzt geschlechtergerechter gestalten, ist es für alle ein Gewinn.“

Systemverbesserung für Systemrelevantes

Der Applaus, das heißt die momentane Wertschätzung für die systemrelevanten Berufe, hat sich dann gelohnt, wenn er eine Debatte eröffnet, die eine langfristige finanzielle und gesellschaftliche Aufwertung systemrelevanter Arbeit in Gang setzt. Dazu gehören etwa eine angemessene Entlohnung, eine breite tarifliche Absicherung sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit Fachkräftemangel, was auch zum Abbau des Gender-Pay-Gap beiträgt. Darüber hinaus wird jedoch auch über Daseinsvorsorge und unentlohnte Care-Arbeit – und ihre ideelle und materielle Stärkung – in Deutschland zu sprechen sein. In dieser Debatte ist eine paritätische Beteiligung von Frauen in Führungs- und Entscheidungsgremien aber auch in den Medien vonnöten, damit nicht vor allem Männer weibliche Arbeitswirklichkeiten gestalten und dazu berichten.

Beratungsangebot im Frauennetzwerk zur Arbeitssituation e.V.

Bei allen Fragen rund um das Thema „Arbeit und Leben“, und gerade auch jetzt in Zeiten erhöhter und besonderer (Arbeits-)Belastungen, finden Frauen im Frauennetzwerk zur Arbeitssituation e.V. durchgehend individuelle Beratung. Die Beraterinnen setzen ihre Beratungsarbeit in Zeiten von Corona per Telefon fort und bieten nun auch die Möglichkeit der Videoberatung in einem datengeschützten Raum.

Kontakt:

Frauennetzwerk zur Arbeitssituation e.V.
Dr. Marianne Kaiser
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Tel.: 0431 678830